Holly Golightly

#119
Fiji/Yasawas

Der alte Schwede streikt!

  • Reisegeschichten

Manta-Pass wir kommen! Direkt um die Ecke des Paradiese-Beach, vor dem wir schon vor ca. zwei Wochen ankerten, findet man den Manta-Pass. Die besondere Attraktion ist hier – man ahnt es schon – die Anwesenheit vieler schöner Mantarochen, in deren Begleitung man im Pass schnorcheln kann.

Einziger Haken an der Sache: Der Ankerplatz in der Nähe des Passes ist sehr beschränkt. Maximal vier Boote haben Platz, ansonsten ist man zu nah an den Felsen oder die Wassertiefe ist zu groß. Ein wenig ist es, wie ein gutes Restaurant mit viel zu wenig Parkraum vor der Hütte. Als wir mit unserer kleinen Flotte ankommen – Holly G. zuerst – ist der komplette Platz mit nur einem riesigen Catamaran belegt. Er ankert recht großzügig mitten auf dem Parkplatz und schämt sich kein bisschen. Was wir auch versuchen – neben ihm, hinter ihm, vor ihm, leider keine Chance – Catamaran XXL duldet niemanden neben sich. Selbst die etwas kompaktere Loveworkx kapituliert vor so viel Raumbedarf. Enttäuscht ziehen wir weiter. So müssen die Mantas wohl auf unseren Besuch verzichten.

Gar nicht weit weg ist der Paradise Beach, vor dem wir schon vor einigen Wochen geankert haben. Dort finden wir nun auch wieder ein schönes zu Hause. Statt der Mantarochen stehen am kommenden Tag wieder „Kleinfische am Korallenriff“ auf der Speisekarte – das aber vom Feinsten! Das kleine Riff vor dem Resort ist ein Traum. Unglaublich viele bunte Korallen der verschiedensten Sorten werden von einer atemberaubenden Fischvielfalt bewohnt – schöner Wohnen für Nemo, der natürlich auch hier ein paar tolle Anemonen bezogen hat und sich bestimmt sauwohl fühlt.

Welcome back - wir sind wieder da

Da wir langsam wieder zurück zur Vuda-Marina möchten, um dann endlich nach Vanuatu zu reisen, segeln wir in den Yasawas weiter Richtung Süden. Nächster Halt: Octopus-Bay. Der sehr geschützt hinter einem Riff liegende Ankerplatz lockt ebenfalls mit besten Schnorchelbedingungen. Bevor Mareike vorn auf Hollys Bug den Anker fallen lassen kann, müssen wir jedoch hinter einem Riff parallel zum Strand motoren, dann links abbiegen und zwischen zwei Korallenriffen direkt auf den Strand zuhalten. So der Plan …

Was dann passiert, ist auf unserer Reise eine echte Premiere. Während wir entspannt zwischen den Riffen hindurch tuckern bemerkt Franz, dass unser treuer, alter Volvo immer mehr an Schwung verliert – wat’n dat????? Der Andrenalienpegel beim Skipper steigt so rasant wie die Drehzahl unseres kleinen Diesels sinkt. Und dann ist es so weit: Aus die Maus, nix geht mehr, rien ne va plus – der alte Schwede macht schlapp!! Wir gleiten mit letztem Schwung gegen den ablandigen Wind zwischen den Riffen. Nun muss alles sehr schnell gehen: Franz sendet einen Notruf an Mareike, die sofort gekonnt von „Anker raus“ auf „Genua raus“ umschaltet. Den Restschwung von Holly nutzen wir zu einer 180 Grad-Halse und wollen so den selben Weg zurück nehmen. Wir können tatsächlich, dank ablandigem Wind, exakt auf dem Track entlangsegeln, den unser Navigationsprogramm vorher aufgezeichnet hat. 15 Minuten später sind wir wieder in tiefem Wasser und atmen noch tiefer durch!

Was nun?? Wir starten den eigenwilligen Schweden erneut und siehe da, er läuft. Die Frage ist aber, wie lange?? Bevor wir einen zweiten Anlauf wagen, setzt Funkerin Mareike einen Funkspruch an alle Schiffe in der Bucht ab, indem sie um Begleitung bittet. Wir müssen nicht lange warten und der Skipper eines großen Catamarans bietet uns seine Hilfe an. Mit seinem angeblich kleinen Beiboot will er uns im Notfall assistieren. So wagen wir in Dingibegleitung den zweiten Anlauf und alles geht gut. Sicher kommen wir durch die Riffe und werfen vor dem Strand den Anker. Et hät mal wieder Jod jejangen!

PS: Das angeblich “kleine“ Beiboot hatte satte 30 PS – sogar einen PS mehr als unser Motor!

Auf der Suche nach der Ursache für den Schwedenausfall wird der Chefmechaniker nicht so richtig fündig. Schmutz oder Wasser im Diesel, Luft im Einspritzsystem oder was könnte bloß die Ursache sein???? Gut, dass wir zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass sich der bisher so zuverlässige alte Schwede tatsächlich für längere Zeit in ein launige und unberechenbare Diva verwandelt hat.

Vor dem Octopus-Ressort liegt ein wunderschönes Korallenriff. Unmengen von schwarz/gelben „DHL-Fischen“ knabbern in dichten Schwärmen an den Korallen und ein gigantischer Schwarm kleiner, silberner Fische (Makrelen?) zieht über das Riff und umströmt uns ab und an wie ein großer Unterwasserstrom – wirklich phantastisch!

Hier kommt man schnell ins Schwärmen
Streifen machen schlank!

Zwei Tage später zieht die Caravane weiter. Die Yalobi Bay ist das Ziel und liegt im Süden der Insel Waya. Auch hier ist wieder „Sevusevu“ angesagt. Wir machen also dem Dorf-Chief unsere Aufwartung und besichtigen wie üblich anschließend das kleine Dorf. Beeindruckend ist das große Schulzentrum mit einem riesigen Rugbyfeld im Mittelpunkt. Tim und Verena überreichen dem Schulleiter eine kleine Spende in Form von Stiften, Blöcken und weiteren Kleinigkeiten, die freudig entgegengenommen wird.

Yalobi Bay …
… wir kommen!
Der Chef vom Ganzen mit unseren "Kava-Geschenken"
Opendoor-Küche
Wie wahr!
Schmitt schüttelt Händchen
Ganz paraktisch, so ein Kreuz!
Der Charme des Einfachen!
Schule im Grünen
Verena und Tim unterstützen die Schule des Ortes mit einer kleinen Sachspende
Unsere letzte Bucht vor der Abreise aus Fiji

Das war dann unser letzter Stopp in der wunderschönen Inselgruppe der Yasawas. Die Zeit hier haben wir sehr genossen und es war ein echter Höhepunkt unserer bisherigen Reise, da wir auch die Geselligkeit in der kleinen deutsch-holländischen Flotte sehr schön fanden! Am 13.Juni treffen wir wieder in der Vuda-Marina ein – nun gilt es Holly für den nächsten großen Törn nach Vanuatu fit zu machen.

Tim und Franz unterziehen den Motor einer gründlichen Therapie und finden im Filter einige seltsame Gewächse, die dort nicht hingehören. Nach dem Wechsel des Filters will er aber gar nicht mehr anspringen! Nun ist guter Rat teuer, oder? Die Bordmechaniker schauen in den Tank, pusten alle Leitungen durch, zerlegen die Dieselpumpe und werden tatsächlich fündig – in der Pumpe hat es ein Rückschlagventil zerlegt. Aber auch die Reparatur des Ventils bringt nichts, unser kleiner Schiffsdiesel will einfach nicht mehr!! So fragen wir in der Marina nach und erhalten den Tipp uns an einen "freien Mechaniker" zu wenden. Dieser soll in Sachen Technik sehr, sehr versiert sein und fast immer helfen können. Er kommt umgehend vorbei und nimmt erst mal die Dieselpumpe zur Überprüfung mit. Wenig später bestätigt er unsere Vermutung: diese Pumpe hat ausgepumpt und es muss Ersatz her! Aber woher nehmen? Auf Fiji ist so ein Teil nicht zu bekommen. Wir haben viele Ersatzteile an Bord aber leider keine Dieselpumpe. Franz meint zwar, dass er so was schon mal in der Hand hatte, aber dort wo sie dann sein müsste, befindet sich leider nichts dergleichen. Zur Sicherheit suchen wir noch mal in allen großen und kleinen Ecken, Rundungen, Hohlräumen und Verstecken von Holly Golightly und werden sogar fündig: 1 kg Kaffee der legendären Kaffeefabrik aus Braunschweig, blond geröstet und erst 2,5 Jahre über Verfallsdatum!!! Den hatten wir kunstvoll in einem Hohlraum der Heckkabine eingelagert, dann völlig vergessen und so um die halbe Welt geschippert. (PS: drei Monate später werden wir die dringend benötigte Dieselpumpe in einem Hohlraum unter unserer Kühlbox finden!!)

Immer noch Pumpen- aber nicht Ideenlos starten wir einen Notruf in der Vuda-Marina Whats App-Gruppe. Das Feedback ist supadupa: Mehrere Angebote erreichen uns: A) Eine Pumpe die fast passt B) eine die nicht passt C) ein Tipp wo wir eine bestellen können, die schnell geliefert wird (2 Wochen) und D) das Angebot eines netten Seglers, uns eine elektrische Pumpe aus den USA mitzubringen. Wir entscheiden uns für C und D. Gregory, der Segler aus den USA will schon in drei Tagen in der Marina sein, was spitze wäre. Als Backup bestellen wir noch die original Pumpe online in UK – diese soll dann in nur 11 Tagen in Fiji sein – man weiß ja nie!

Das Holly Golightly-Service-Team …
… gibt alles.
Ein wiederspänstiger Tankgeber …
… hat keine Chance.
Auch das Entleeren völlig überfüllter Gasflaschen am Wegesrand beherrscht das Boxen-Team

Leider verlassen uns nun Verena und Tim, die endlich weiter wollen. Wir sind sehr traurig, dass wir nicht wie geplant mit ihnen zusammen nach Vanuatu segeln können. So schön Segeln sein kann, so herausfordernd ist aber auch die Tatsache, dass man im Grunde immer wieder Pläne über den Haufen werfen muss. Mal passt das Wetter nicht, dann fehlt ein Ersatzteil, ein andermal ist ein Besatzungsmitglied nicht fit oder es fehlen irgendwelche Papiere – irgendwas ist immer! Für Menschen, die einen festen Zeitplan lieben, ist die Reise mit dem Wind somit immer wieder eine große Herausforderung. Immerhin ist Jacqueline noch da und so trösten sich Mareike und Jaqueline mit ein paar Pool-Besuchen im nachbarlichen Ressort.

Tatsächlich überreicht uns Gregory nur drei Tage später das elektrische Dieselherz und der Bordmechaniker Franz rüstet von mechanischem Herzschlag auf elektrischen um. Der erste Testlauf ist überwältigend: Wo sonst beim Entlüften nur ein paar Tropfen aus der Vene tröpfeln, spritzt das goldfarbene Dieselblut nun bis unter die Kabinendecke! Hääärlesch, wat für ne Sauerei! Nun nur noch alles abdichteten, noch mal reanimieren und – hurra, der alte Schwede hat wieder Puls! Die Transplantation ist geglückt, der Volvo läuft schön rund, qualmt und blubert wieder zufrieden aus seinem Abgasrohr.

Er läuft wieder!!!! Unser alter Schwede: Ein Volvo Penta 2003 – jetzt mit elektrischer Pumpe.

Hinter den Kulissen hat sich Mareike währenddessen über Tage einen harten Kampf mit der Einwanderungsbehörde von Vanuatu geliefert. In Vanuatu würden wir gerne auf der Insel Tanna in Port Resolution einklarieren. Port Resolution ist kein Port of entry und auch kein Port im eigentlichen Sinne, sondern "nur" eine Ankerbucht. Man kann allerdings um eine Genehmigung bitten. Erhält man diese - was eigentlich üblich ist - kommen die Offiziellen von der Westseite der Insel gegen ein gewisses Entgelt herübergefahren, um die Einreise im Land offiziell zu machen. Diesen super Service würden wir gerne in Anspruch nehmen, da man auf Tanna den aktiven Vulkan Mount Yasur aus relativer Nähe bewundern kann. Auf dieses Highlight freut insbesondere Mareike sich schon lange. Die Insel Tanna liegt weit im Süden und auch etwas östlich der Inselkette Vanuatus. Windtechnisch bietet es sich an, Vanuatu von dort aus zu erkunden, anstatt in Port Vila auf Efate einzuklarieren und dann gefühlt wieder zurück zu segeln. Was in der Theorie einfach klingt gestaltet sich in der Praxis herausfordernd. Mareike beantwortet wie gewünscht die Fragen des Inward reports und schickt alle gewünschten Dokumente mit – dann heißt es abwarten. Aus der WhatsApp-Gruppe "Going to Vanuatu“ hört man schon, dass es bei dem einen oder der anderen länger dauert, bis man aus Vanuatu eine Antwort erhält.

Die Moana hatte Glück, nach wenigen Tagen war die Genehmigung da. Mareike wartet noch. Nachdem ihre Anfrage inzwischen zwei Wochen her ist, fragt sie zart und höflich nach. Es kommt eine superfreundliche Antwort. Wir mögen doch bitte noch die Bootspapiere ein Bild vom Boot, und den Inward Report schicken. Okay, hatten wir zwar schon, aber natürlich schicken wir erneut alles los. Und warten wieder brav ab.

Ein bisschen schneller als erwartet, trifft inzwischen auch die original Dieselpumpe per DHL ein und so haben wir für den Fall der Fälle noch Ersatz dabei.

Was noch fehlt zum großen Weiterreiseglück ist die Genehmigung für Port Resolution. Also fragen wir erneut nach und bekommen von Port Vila die Bitte, den Inward Report zu schicken. Ah, kein Problem, machen wir doch gerne und sofort. Nun kommt schnell eine Antwort: Das Formular sei "not complete". Mareike checkt und überprüft, wo etwas fehlen könnte, schickt es sicherheitshalber an Jaqueline, einen Fehler können wir nicht finden. Also schicken wir es wieder Richtung Vanuatu mit dem Hinweis, dass wir ALLES gewissenhaft ausgefüllt haben. Erneut heißt es aus Port Vila, der Inward Report sei "not complete." Nun gerät Mareike langsam aber sicher in einen verzweifelten Zustand. Sie fragt nach, ob man ihr sagen könne, was genau fehlt – Fehlanzeige, wir müssten das schon selbstständig und alleine ausfüllen. So langsam aber sicher verstehen wir, dass unser Formular anscheinend aus irgendeinem Grund komplett unausgefüllt in Port Vila ankommt. Nun versuchen wir etwas anderes und damit kommen wir der Lösung endlich nahe: wir erstellen eine PDF vom Formular! Juchu, Erfolg! Und siehe da, wir bekommen sogar die Genehmigung nach Port Resolution zu kommen und dort einzuklarieren: Mount Yasur, wir kommen!

Nun – nach elf Tagen zermürbendem Überlegen, Organisieren und Warten – ist es also geschafft. Endlich können wir nach Vanuatu aufbrechen.

Schön war's in der Vuda-Marina auf Fiji
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