Faul sein ist wunderschön, viel schöner als der Fleiß

Das tollste am nächtlichen Ankommen ist, dass man noch eine ganze Nacht darauf gespannt sein darf, wie es so aussieht an dem neuen Ort, den man gerade erreicht hat.
Das erste Ausschlafen nach einer Passage ist erstmal etwas ungewohnt. Nicht nur, dass es nach all dem Drei-Stunden-Rhythmus gar nicht so leicht ist, wieder länger am Stück zu schlafen. Nach 18 Tagen mit zeitversetztem Schlafen schreckt man durchaus mitten in der Nacht hoch und versteht gar nicht, warum das andere Crew-Mitglied auch schläft, obwohl man doch selber gerade in der Koje liegt.
Mareike ist zwar sowieso immer die erste, die morgens wach ist, aber an diesem 8. März ist sie vor lauter Aufregung noch früher auf als sonst. Der Mond ist gerade noch dabei die Ankerbucht von St. Anne in ein bezauberndes Licht zu tauchen, bevor er der Sonne Platz machen muss. Toller illuminiert kann der erste Tag in der Karibik kaum beginnen!
Nachdem wir also mehr oder weniger ausgeschlafen sind und Fred zusammengebastelt im Wasser schwimmt, freuen wir uns auf den surrenden Suzuki* – der sich aber zur Feier des Tages mal wieder dazu entschieden hat, still zu schweigen. Den daraufhin folgenden, nicht ganz so homöopathischen Wutanfall des Skippers stellen wir hier nicht so detailliert dar …
Nichtsdestotrotz wollen wir an Land – um einzuklarieren, mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und den einen oder anderen Rumpunsch zu trinken. Nachdem die Suzuki-Ärger-Wogen sich ein wenig geglättet haben, rudert Franz ganz klassisch seine Mareike-Crew an den Dinghi-Steg von St. Anne.

Im Café BouBou kann man Burger und Pommes essen, diverse Kaltgetränke verzehren und in einem Nebenraum zwischen Kühlschrank, Getränkekisten und Reserve-Mobiliar an einem Computer selbstständig einklarieren. Das Papier wird ausgedruckt, der Wirt drückt einen Stempel drauf und bekommt dafür drei Euro, womit das formelle Ankommen auf Martinique erledigt und auch recht günstig ist, wie wir finden.
Fast eine Woche bleiben wir in der Ankerbucht und sind vorrangig faul. Wir schauen vorbei paddelnden Schildröten hinterher, stromern ein bisschen durch das sweete St.Anne und genießen den Strand.
Pippi Langstrumpf hat diesen Zustand so besungen:
Faulsein ist wunderschön,
denn die Arbeit hat noch Zeit.
Wenn die Sonne scheint
und die Blumen blühn,
ist die Welt so schön und weit.
Faulsein ist wunderschön,
liebe Mutter glaub' es mir.
Wenn ich wiederkomm',
will ich fleißig sein,
ja das versprech' ich Dir.
Trall-la-la-lalallaaaaaaaa,
die Mutter, die backt Kuuuchen.
Der schmeckt dem Faulpelz gut,
genauso wie dem Fleißgen.
Faulsein ist wunderschön,
ooohob mit ob ohne Geld.
Wer's nicht glaubt,
der soll zuuhur Schule gehn',
wir ziehen in die Welt.
Trall-la-la-lalallaaaaaaaa,
die Mutter, die backt Kuuuchen.
Der schmeckt dem Faulpelz gut,
genauso wie dem Fleißgen.
Faulsein ist wunderschön,
viiiehil schöner als der Fleiß.
Dieeehie Luft ist blau,
deeer Wald ist grün,
und der kleine Onkel, der ist weiß ;-))
Astrid Lindgren


Eigentlich haben wir so gar keine Lust, in die Marina von Le Marin zu gehen, bei Temperaturen von 26 Grad ist das Leben vor Anker so viel schöner. Aber der streikende Suzuki* hindert uns daran, mal eben an Land zu gehen, der Wäscheberg, der unterdessen aus der Heckkabine quillt, hat Ausmaße erreicht, die eine Abarbeitung dringend erscheinen lassen, wir haben kein frisches Obst und Gemüse mehr an Bord und dann war da ja auch noch die Geschichte mit der Opferanode, die wieder an unseren Saildrive will …. Die Liste ist lang und um all das rudernder Weise zu erledigen und zu organisieren fehlt uns der sportliche Ehrgeiz.
Also tasten wir uns langsam Richtung Marina vor, indem wir gigantische 2,5 Meilen zum nächsten Ankerplatz einem sogenannten Hurrican-Hole** motoren. Umgeben von Mangroven und ab der Dämmerung lautstarken Zikaden treffen wir die Crew der Pfadfinder wieder, die wir in Mindelo kennengelernt haben und spinnen Seemannsgarn.
Schließlich verbringen wir doch eine Woche im Hafen. Wir kosten die eine oder andere „Happy Hour“ in den Bars der Marina aus und lassen uns von nächtlichem Getrommel auf den angrenzenden Supermarktparkplatz locken.


Die To-Do-Liste wird quasi abgearbeitet. Der kurze Landurlaub, den wir unserer Holly gönnen wollen, erscheint uns auf Martinique allerdings arg kostenintensiv. Da die gleiche Leistung auf Saint Lucia deutlich günstiger ist, hissen wir nach nur zwei Wochen auf Martinique die Segel und setzen Kurs Richtung Süden.







*kleiner Verbrennungsmotor, der trotz hoher Rechnungen niemals die Zuwendung vom professionellen Service bekam, die ihm zustand
** bezeichnet eine extrem geschützte Ankerbucht, die selbst bei Hurrikans relativ sicher sein soll. Im Fall der Fälle werden die Schiffe makrameeartig an den weichen und nachgiebigen Mangroven vertäut.