Zwischen den Welten

Nach Pickepacke vollen sieben Wochen Deutschland mit Familie und Freunde treffen, singen mit Sorella, vier Kerzen anzünden, arbeiten, Weihnachten feiern, Papierkram erledigen und Prost Neujahr machten wir uns auf den Weg "back to Holly". Es ist schon verrückt, in viereinhalb Stunden fliegender Weise die Strecke zurückzulegen, für die wir unter Segeln so viele Wochen, ja Monate gebraucht haben.
Nun wird Holly fein gemacht für die kommenden Passagen. Neben der Erneuerung des ein oder anderen Taus ist ein Main-Act der Einbau des sogenannten Watermakers, der für uns Salzwasser in Trinkwasser umwandeln soll. Da dieser Job eindeutig in Franz´ Tanzbereich gehört, erledigt Mareike mit dem für zwei Tage gemieteten Leihwagen den zweiten Main-Act. Sie flitzt von Supermarkt zu Supermarkt und visualisiert den Begriff Power-Shopping in Form von bergeweisen Lebensmitteln, die sie tapfer an Bord schleppt. Die vor uns liegenden Etappen werden unter Umständen bis zu vier Wochen dauern und da will die Crew gut versorgt sein.
Also werden schier endlos erscheinende Einkaufslisten geschrieben. Wir überschlagen die Mengen für Müsli, Nudeln, Gemüse, Klopapier und vor allem Schokolade und versuchen eine Idee davon zu bekommen, was drei Leute in dieser Zeit so verbrauchen und vernaschen … Nachdem wir sonst eher die sind, die gerne täglich ins Lädchen latschen, um nur mal eben einen Liter Milch zu kaufen, fällt uns das nicht so ganz leicht.


Nebenbei „erheitert“ wird die Lage durch unseren treuen 2,5 PS-Außenborder – also eigentlich eher durch seine Abwesenheit. Die Werkstatt, die ihn seit Anfang November zur Wartung „in Pflege“ hatte, kann ihn tatsächlich nicht mehr finden …
Außerdem warten wir gespannt wie auf den Weihnachtsmann auf unser Paket mit zwei weiteren Solar-Panels, dass seit drei Wochen per Express(!) mit DHL unterwegs ist. Alle zwei Tage wünscht sich DHL Madrid mit all seinen bezaubernd freundlichen MitarbeiterInnen etwas neues von uns, was die Auslieferung vermeintlich voranbringen soll: Proformarechnung, Originalrechnungen, Foto vom Pass, nein doch lieber Scan vom Pass, neue Handelsrechnung, Zollgebühren, dunklerer Scan vom Pass …. Unser tolles Päckchen hat es schon bis Gran Canaria geschafft, aber wenn DHL sagt, dass es bald geliefert wird, muss man ja nicht alle zwei Tage nachfragen.
Somit scheint sich unsere Abfahrt aus Arrecife zu verzögern, aber wieder einmal stellen wir fest, dass es schlimmerer Orte gibt, an denen man warten darf.




Lanzarote birgt trotz der schroffen Vulkanlandschaft lauter tolle Ziele, die es zu entdecken gilt, wenn wir tagsüber mal Lagerkoller auf dem Schiff haben.
Hauptverantwortlich für die teils extravaganten Sehenswürdigkeiten und das gesamte Erscheinungsbild der Insel zeichnet tatsächlich nur eine einzelne Persönlichkeit: César Manrique, Künstler und Sohn der Insel, entwickelte zu Lebzeiten ein Konzept, um die damals graue Maus der Kanaren zu einem bunten Vogel mutieren zu lassen.
Er entwickelte nicht nur eine Utopie, sondern überzeugte auch die Bewohner von Lanzarote von seinen Visionen. Ihm ist es beispielsweise zu verdanken, dass es auf der gesamten Insel keine riesigen Bettenburgen oder triste Apartmentanlagen gibt. Eine maximal zweigeschossige Bauweise wurde festgeschrieben und sogar der Farbton für die Fenster und Türen wurde durch die Bank vorgegeben. Manrique muss wohl sehr überzeugend gewesen sein, denn augenscheinlich erstrahlen gefühlt 90% der Türen und Fenster in einem einheitlichen Grün – vermutlich ist der Verkauf oder Besitz anderer Grüntöne strengstens verboten!
Als er mal kurz weggeschaut hat, wurde in Arrecife ein sage und schreibe zehngeschossiges Grand-Hotel als Gegenentwurf gebaut, was tatsächlich schon von weitem durch eine gewisse Abwesenheit von Schönheit auffällt – wobei die Lobby wiederum ganz gelungen ist.
Ein herausragendes Talent besaß Manrique zweifelsfrei, wenn es darum ging Architektur und den Charakter der schroffen Vulkanlandschaft unter einen Hut zu bringen. Die Wohnungen, Häuser und öffentlichen Gebäude, die er teilweise in die Lavahöhlen und in die Topografie der Insel integriert hat, sind wirklich einzigartig schön und beeindruckend. Insgeheim wünscht man sich, dass Caesar Manrique auch mal einen Blick auf Teile von Köln, Essen oder Hannover geworfen hätte! Doch leider ist der hier immer noch äußerst beliebte Künstler, Architekt und Visionär selbstverschuldet am 25. Sept. 1992 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Im Übrigen an einer Kreuzung, die er schon lange durch einen Kreisverkehr ersetzen lassen wollte, was dann auch wenig später geschah. Heute fährt man auf Lanzarote auffallend oft im Kreis ...



Highlight eines Abends beim Surf durchs Worldwideweb war die Entdeckung unserer „Holly“ auf der Website der "Yacht". Die dortige Fotostrecke entstand im Rahmen eines Artikels über Lanzarote. Die gelungene Aufnahme unserer Nordborg 33 wurde in der bekannten Ankerbucht Playa Francesa vor der schönen Nachbarinsel La Graciosa geschossen.
