Eine Begrüßungshymne für Holly Golightly!
Ca. 520 sm liegen zwischen Tonga und Fiji – als Zugabe ca. 100 Riffe und Inseln, die es zu umschiffen gilt. Ungefähr die Hälfte der Strecke geht es erst mal geradeaus über die offene See, bevor man dann in die Insel- und Riffwelt der Fijis eintaucht. Leider darf man keine der verlockenden Inselchen am Wegesrand anlaufen, bevor man auf der Hauptinsel eingecheckt hat.


So machen wir uns nach vielen, vielen schönen Wochen im Königreich Tonga am 11. Oktober auf den Weg Richtung Westen. Wind und Wellen sind auf unserer Seite und es geht richtig flott voran.
Die „Oneata Passage“, quasi die östliche „Einfahrt“ zum Inselstaat Fiji, erreichen wir wie geplant am Morgen des 13. Oktober. Ein wenig spannend ist der Umstand, dass es einige unkartierte Riffe in dem Gebiet geben soll – angeblich aber alle weiter südlich – so hoffen wir!
Ohne GPS wäre unsere Route übrigens definitiv nicht machbar. Dank der Orientierungshilfe aus dem All müssen wir keinen so großen Umweg machen wie die Segler vor der GPS-Zeit. Damals musste man all die kleinen Inseln weiträumig umfahren und sich den Hauptinseln von Fiji aus nördlicher Richtung nähern.
Am dritten Tag haucht nun leider auch unser Reserve-Autopilot endgültig sein elektronisches Leben aus. Alle Versuche, die einzelnen Organe der nun zwei dahingeschiedenen Autopiloten neu kombiniert zu transplantieren (jeweils zwei Platinen, Kompass, Steuermodul) und damit eine eventuelle dritte Auferstehung zu erreichen, scheitern. Immerhin haben die beiden elektrischen Steuermänner (Autohelm 2000 – einer der ersten Autopiloten überhaupt und Ende der Achtziger eine technische Sensation!) uns um die halbe Welt gebracht – verglichen mit neueren Modellen, die auch nicht länger halten, übrigens zu einem Spottpreis. Eigentlich steht nun Handsteuern nonstop auf dem Unterhaltungsprogramm – ein unter Fahrtenseglern wenig beliebtes Angebot.
Da Not aber erfinderisch macht, probieren wir dies und das und kommen überraschender Weise dahinter, dass wir auch unter Motor und bei Windstille(!) unsere Windfahnensteuerung benutzen können. Wie das – eine Windfahnensteuerung ohne Wind? Es ist aber tatsächlich so, dass ein wenig Fahrtwind (4 - 5 kn) ausreicht, um Holly Golightly mittels Windfahne bei ruhiger See unter Motor auf Kurs zu halten. Diese überraschende Erkenntnis beschert uns unverhofft eine entspannte Weiterfahrt. Am Abend kann auch unser Volvo-Schiffsdiesel wieder entspannen, da der Wind auffrischt und für leisen und CO2-neutralen Vortrieb sorgt.


In der letzten Nacht kreuzt das Frachtschiff "Arkadia" mit 2,6 sm Abstand unsere Route – ganz allein ist man hier auch nicht.
Kurz vor Erreichen der Hauptinsel Viti Levu steht um halb drei Uhr in der Nacht noch mal das Schiften der Genua auf dem Programm – also auch der Umbau des Spi-Baums auf die andere Seite. Das ist nach bzw. vor sechs Stunden Wache und großer Müdigkeit ziemlich mühselig aber die Holly-Crew schlägt sich wacker.



Im Morgenlicht des 16. Oktober erreichen wir die wunderschöne grüne Südküste Fijis, an der wir nun noch ein paar Stunden entlangsegeln. Um zur Vuda-Marina zu kommen, müssen wir noch mal „ums Eck“ – die Marina liegt an der Westküste von Fiji, gut geschützt hinter einem Riff. Die Einfahrt hinter das Riff ist diesmal ganz einfach – ohne Strömung oder Abwarten auf die Slagtime. Allerdings kommen uns ein paar tausend Tonnen Stahl in Form eines Containerschiffes der Reederei MSC entgegen. Wir schlagen also einen kleinen Haken vor der Riffpassage und lassen den „Dicken“ auf die offene See rausschaukeln. Es ist schon erstaunlich, wie stark solch ein Stahlkoloss auf offener See anfängt zu schlingern – obwohl wir höchstens zwei Meter Welle haben.

Hinter dem Riff motoren wir die letzten Seemeilen entspannt Richtung Vuda-Marina, die wir aber erst am nächsten Morgen mit unserer Anwesenheit erfreuen dürfen. Vor der Einfahrt zur Marina wartet eine große, gelbe Mooringboje auf uns, die Ähnlichkeit mit einem Mega-Minion hat. Bei völliger Windstille machen wir fest und genießen anschließend den Sonnenuntergang – hurra, wir sind angekommen!
Unser Minion erweist sich in der Nacht leider als unerwartet aufdringlich. Immer wieder kommt er angetrieben und möchte mit Holly Golightly ein wenig kuscheln, was aber unter Deck zu einer wenig angenehmen Geräuschkulisse führt. Auch Holly Golightly ist wenig begeistert und fürchtet um ihre noch gut erhaltene Rumpfpolitur. Der Skipper verbringt also ein bis zwei Stunden in der Nacht damit den aufdringlichen Minion mit Hilfe des Bootshaken von seinen Annäherungsversuchen abzubringen. Irgendwann gibt der gelbe Riese auf, bleibt auf Distanz und der Rest der Nacht bleibt ruhig und friedlich.

Letzte Flagge der Saison!
Am kommenden Morgen werden wir von der Vuda-Marina angefunkt, um zu klären, wann denn mit unserem Einlaufen zu rechnen wäre – es klingt ein wenig ungeduldig, was uns wundert. Als wir dann ca. 20 Minuten später in die Marina tuckern, erschließt sich uns der Grund für die scheinbare Ungeduld: Am Steg hat sich ein buntes Empfangskomitee von ungefähr 20 Sängern und Sängerinnen eingefunden und begrüßt uns mit Fiji-typischem mehrstimmigen Gesang!! Nach dem Gesang tönt uns ein fröhliches BULA, BULA entgegen – was soviel wie Hallo, hallo bedeutet aber auch Leben oder Energie meint.
Wir sind sehr ergriffen über diesen so unglaublich herzlichen Empfang!! Holly Golightly wird zusätzlich mit einem Sträußchen Blumen geschmückt und ist ebenfalls ganz gerührt!
Diese Willkommenskultur ist typisch für Fiji – immerhin sollen hier ja die nettesten Menschen der Welt leben!

Nachdem allerlei tiefenentspannte Offizielle an Bord gekommen sind und wir die üblichen Unterlagen ausgefüllt und vorgezeigt haben, sind wir nun auch offiziell im Inselreich Fiji angekommen. Da hier ja auch unser „Winterlager“ sein wird und wir voraussichtlich erst Ende April 2025 weiter segeln, haben wir ganz dolle das Gefühl, mal wieder einen bedeutenden Stepp geschafft zu haben – auch wenn wir ja eigentlich nach Neuseeland wollten.

