Holly Golightly

#101
Niue

Niue – First Dark Sky Nation of the world

  • Reisegeschichten

Niue, auch bekannt unter dem Namen „The Rock (of Polynesia)“, besteht ausschließlich aus Korallen und ist die größte bewachsene Koralleninsel der Welt. Geologisch erinnert es ein wenig an ein Spiegelei mit viel Gelb und wenig Weiß drumherum. Das Gelb entspricht dem Festland und das Weiß dem Riff, das die schöne Insel direkt umgibt. Mit 261 km² ist die Insel etwas größer als Malta, hat aber nur 1.784 Bewohner (Malta: 436.947). Es kommt also keine Enge auf!

Neues Land, neue Flagge!

Niue ist die erste "Dark Sky Nation" unseres Planeten! Die Idee dahinter entspringt unter anderem der uralten Tradition der Polynesier, auf ihren Seereisen, die über tausende von Seemeilen gingen, mit Hilfe der Sterne zu navigieren. Die Sterne und der Nachthimmel haben aus kultureller, ökologischer und gesundheitlicher Sicht eine große Bedeutung für die Inselbewohner.

Dark Sky Nation zu sein, soll dazu beitragen, Niues Nachthimmel für zukünftige Generationen von Inselbewohneren und Besuchern des Landes zu schützen. Der Aufwand der getrieben wurde, war gar nicht so klein: Straßenlaternen und viele private Lichtquellen mussten umgerüstet werden, um den Status der ersten Dark Sky Nation zu erhalten.

Die Niueer bewahren eine lange Tradition der Sternennavigation und führen noch heute ein Leben, das teilweise durch Mondzyklen und Sternpositionen bestimmt wird. Das Wissen um die Geheimnisse des Nachthimmels, das von den Ältesten in der Gemeinde bewahrt wird, wurde über Generationen weitergegeben. Niues Älteste hoffen nun die Begeisterung für die Geheimsisse das Himmels auch bei den jüngeren Inselbewohneren wieder nachhaltig zu entfachen.

Misa Kalutea, Kulturwächter und einer der Ältesten der Insel, sagt: „Niues Himmel wird seit Jahrhunderten beobachtet und bewundert. Der Status der dunklen Himmelsation unterstreicht die Bedeutung unseres traditionellen Wissens und liefert einen Grund für den Erhalt und den Austausch dieses Wissens, bevor es verloren geht“.

Auf der dunklen Seite der Nacht

Man kann auf Niue leider nicht, wie auf vielen anderen Südseeinseln, hinter ein Riff fahren und ist dementsprechend ungeschützt, wenn man im Westen der Insel ankert oder an einer der sehr gepflegten Mooringbojen fest macht. Solange der Wind nicht aus West, Nordwest oder Südwest kommt ist aber alles fein. Wir haben Glück und Ostwind, so dass wir recht entspannt in der weitläufigen Bucht verweilen können.

Will man an Land so stellt sich die Situation sehr originell dar. In Ermangelung eine Dingisteges müssen alle Beiboote mit Hilfe eines recht großen Krans an Land gehoben werden, den man zu allem Überfluss auch noch selbst bedienen muss! Durch die offene Lage der Bucht und den ständig vorhandenen Schwell ist dieses Prozedere für Anfänger schon etwas herausfordernd. In unseren Segelführern wird sehr empfohlen, sich das Ganze erst mal anzuschauen. Das regnerische Wetter steigert unsere Motivation auch nicht sonderlich. Da wir aber an Land müssen, um einzuklarieren, bleibt uns keine Wahl …

Rostige Spuntwand statt Steg – selber Rauskranen ist angesagt

Auch das Einklarieren (Anmeldung bei der Einreisebehörde) ist in Niue speziell: Man meldet sich über Funk an, bekommt einen Termin und dann kommen die Beamten mit einem PKW zum Dock.

Unsere 1. Funkerin Mareike greift also zum Funkgerät und versucht einen Termin zu ergattern. Im Laufe der Kommunikation mit „Radio Niue“ erwähnt sie, dass wir etwas unsicher sind, was das Anlanden angeht, da unser Dingi recht klein und die Wellen grad sehr hoch sind.

Da die Kommunikation über Funk für jedes andere Schiff in der Bucht hörbar ist, meldet sich kurz darauf ein Nachbarboot aus den Niederlanden und bietet an uns zum Steg zu fahren – was für ein Glück!! Wir nehmen das Angebot des Tages begeistert an! So holt uns Björn von der „Sirena“ trotz Dauerregens zum vereinbarten Zeitpunkt ab und bringt uns zu dem großen Betonpier. Dort halten kurze Zeit später zwei gutgelaunte Damen vom „Customs“ an und fahren uns zu ihrer Behörde. Das einst schöne Regierungsgebäude ist schon ein wenig in die Jahre gekommen und beinhaltet eine Art Versammlungshalle. Allerlei Möbel stehen verloren herum und warten auf Benutzung. Die Dame, die den ganzen Prozess mit uns erledigt ist an Freundlichkeit nicht zu toppen.

"Check in" im Regierungsgebäude – Mareike versinkt unfreiwillig in den sehr betagten Ledersesseln

Nach der erfolgreichen Einreise laufen wir noch ein wenig durch die kleine „Hauptstadt“ von Niue und schauen, was es so gibt. Viele kleine, bunte Läden warten auf uns und bieten an was sie haben. Leider haben wir kein Bargeld und die KIWI-Bank hat geschlossen. Einen Geldautomaten gibt es leider nicht.

Als wir in einem kleinen Lebensmittelladen ein paar Dinge raussuchen und nachfragen, ob wir diese mit unserer Visa-Card bezahlen könnten, verneint die Kassiererin. Sie bietet uns aber gut gelaunt an, alles für uns zu bezahlen – wir könnten dann ja demnächst vorbei kommen und ihr das Geld bringen!!! Soviel Vertrauen und Freundlichkeit läßt uns mit offenem Mund da stehen und staunen. Wir trauen uns allerdings, nicht das Angebot anzunehmen – warum eigentlich nicht??

Direkt um die Ecke gibts ein kleines Restaurant, in das wir eine Sekunde zu lang neugierig hereinschauen. Schon werden wir euphorisch hereingebeten. Wir erklären wieder, dass wir leider noch kein Geld haben. Das Ergebnis: Wir bekommen zwei eisgekühlte, köstliche Kokosnüsse als Drink spendiert!

Hoch das Bötchen – Fred am Haken

Nach zwei Tagen Wasser von oben und unten endet die feuchte Zeit und wir können endlich Holly mal für länger alleine lassen. Mutig nähern wir uns mit Fred der großen Betonpier. Der Schwell hat ein wenig nachgelassen und wir wittern unsere Chance – Mareike springt mutig auf die schlüpfrigen Betonstufen und bemächtigt sich oben angekommen des Krans. Franz schaukelt in Fred an der hohen Betonwand und versucht ohne Landkontakt den wirklich dicken Haken zu fassen zu kriegen und an Fred fest zu machen – dann schnell aus dem Boot springen und dafür sorgen das unser schwebendes Dingi heil oben ankommt. Alles geht gut und kurz darauf parkt Fred sicher zwischen seinen Artgenossen und wir können entspannt auf Inseltour gehen.

Fred mit seinen großen Plastekumpels
Selbst der coole Biker winkt uns zu

Niue ist touristisch kaum erschlossen. Es gibt wenige private Unterkünfte – Hotels sucht man vergeblich. Trotzdem finden wir eine sehr moderne Tourist-Info im Hauptort Alofi, in der wir einige Infos über die Insel bekommen. Wichtig ist z.B. das Winken! Es wird drauf hingewiesen, dass sich auf Niue alle Bewohner stets freundlich grüßen und dass dies auch den Besuchern sehr empfohlen wird. Also immer freundlich winken!! Wir halten uns an die "Winkiquette" und werden immer sehr freundlich und teilweise begeistert zurückgegrüßt. Die Niuer freuen sich wirklich sehr über jeden Besuch auf ihrer schönen Insel.

So ziehen wir gut gelaunt los und erkunden die "Hauptstadt" Alofi mit ihren 497 Bewohneren.

Wir entdecken kleine bunte Läden, tolle Wandgemälde, eine moderne Freiluftbühne mit Museum, ein leckeres Rastaurant in bester Lage mit Blick auf "Holly Golightly", eine Gruppe Frauen, die Stoffe sehr farbenfroh und stylisch bedrucken und den größten, kleinen Yachtclub der Welt – das alles in nur ein paar Stunden. Es lebe die Kompakthauptstadt Alofi!

Niue mag …
… Flower Power
"The biggest little yacht club in the world"
Der Niue-Yacht-Club grüßt die Welt
Flug-Kunst
Farbige Eiszeit in den Tropen

Einen Tag später mieten wir zwei von vier auf der Insel vorhandenen Fahrrädern. Ein Schloss gibt es nicht dazu – wofür auch? Wir radeln auf der Küstenstraße, die sich einmal um die Insel zieht Richtung Norden. Auf Niue fährt man leider wie in England auf der falschen Seite. Da der Linksverkehr hier Mangels Verkehrsteilnehmern aber recht übersichtlich ausfällt fällt, unsere leichte Abdrift nach Steuerbord nicht weiter auf. So gleiten wir entspannt auf der nagelneuen Küstenstraße "Made by China-Aid" (so steht es auf jeder der Verkehrslaternen) dahin.

Linksverkehr for beginners
Wenn Rosie auf Banana trifft

Alle zwei bis drei Kilometer bietet sich die Gelegenheit einen der sogenannten "See-Tracks" zu erkunden. Informative Hinweistafeln am Wegesrand, diesmal "Sponsored by the people of Japan" motivieren zum Abstieg über die Klippen ans Meer. Mal finden wir wilde Grotten, mal kleine Lagunen mit türkisem, kristallklarem Wasser oder auch einen winzigen Strand mit weißem Korallensand. Hier gönnt sich der Skipper ein kleines Bad. Mareike kann sich nicht so recht entschließen und genießt stattdessen die einsamen 30 m Strand. "Richtige" Strände sind auf Niue leider absolute Mangelware.

Raue Schönheit – Beach nach Niue-Art mit …
… dicken Brocken statt feinem Sand
Am Wegesrand: Tropischer Wald und …
… Gräber mit Aussicht
Viele Stalagdingsbumse

Das Highlight unserer Radeltour ist die Avaiki-Höhle. Wikipedia weiß dazu: "Die Grotte verzaubert durch Wasser in verschiedenen Azurtönen. Nach dem Abstieg durch eine etwa 200 m lange Schlucht erreicht man eine mit dem Meer verbundene Karsthöhle mit einem vorgelagerten großen Wasserbecken. Dieses Becken war früher dem König von Niue vorbehalten. Heute kann außer Sonntags und während der Laichzeit des Fisches kaloama in dem Pool gebadet werden."

Da König Franz schon am Mini-Beach geplanscht hat, begnügen wir uns mit Staunen und genießen es, auch diese Attraktion für uns alleine zu haben. Der Name der Höhle leitet sich von der mythischen Insel Avaiki (Hawaiki) ab, auf der die Völker Polynesiens ihren Ursprung sehen. Genau bei dieser Grotte sollen die ersten polynesischen "Entdecker" die Insel erreicht haben.

Farbenfroher Höhlenzauber
Achtung, dicke Krabben kreuzen!

Auf dem Rückweg winken wir wieder hier und da und entdecken außerdem ein einzigartiges Verkehrszeichen am Straßenrand, das vor einem Palmendieb Namens "Uga" warnt!

Dieser Räuber wohnt mit seinen unzähligen Kumpels auf Niue und ist das größte an Land lebende Krebstier der Erde.

Die auch Palmen- oder Kokosdieb genannte Krabbe ist unter anderem in der Lage eine Kokusnuss zu öffnen und aufgrund ihrer Einzigartigkeit so etwas wie das Nationalheiligtum der Insel. Die dicke Krabbe wiegt bis zu vier Kilo und hat eine Spannweite von einem Meter, wenn sie sich ordentlich breit macht.

Ihren Scheren sollte man unbedingt aus dem Weg gehen. Ihre Bisskraft ist tatsächlich doppelt so hoch wie die eines Löwen!

Wenn die Weibchen einmal im Jahr aus dem tropischen Inselwald in Massen an die Klippen wandern um dort ihre Eier ins Meerwasser zu legen, müssen sie leider die Straße überqueren – daher die Warnung an die Verkehrsteilnehmer: "Slow down - Uga crossing".

Statt Uga treffen wir aber nur einen frechen Bello, der die radelnde Mareike enorm beschleunigt und ein paar Meter Spaß daran hat. Das ist hier wiederum sehr ungewöhnlich, da Hunde in der Südsee fast immer friedlich und scheu sind.

Uga, der Palmendieb
Hand-made Fashion from Niue

In einem Einkaufszentrum in der Nähe das kleinen Flughafens entdecken wir eine Mode-Boutique, die es in sich hat. Alle Kleider, Shirts und Hemden sind von der charmanten Besitzerin des Ladens selbst entworfen und hergestellt.

Und das auf einem Niveau, das mit Sicherheit auch in Köln, Berlin oder München Kund:innen mit dem Hang zum Besonderen locken würde. Mareike kann nicht wiederstehen und kauft sich eines der handgemachen und farbenfrohen Kleider.

Mehr dazu gibts auf Insta unter Fashion-Design a la Niue

Mareike im Gespräch mit der Designerin, der Schneiderin
und der Verkäuferin in einer Person
Klein aber fein
Jedes Stück der Kollektion …
… ist einzigartig!

Unserer weitläufige Ankerbucht im Westen von Niue teilen wir mit großen Gesellen der Gattung Megaptera novaeangliae. Immer mal wieder hören wir den "Blas" und sehen dann den charakteristischen Buckel oder die große Fluke aus dem Wasser ragen. Weiter draußen wagen die bis zu 15 Meter langen Gesellen auch den ein oder anderen kecken Sprung aus dem nassen Element, was uns immer wieder Staunen läßt!

Megaptera novaeangliae heißt Buckelwal weil er beim Abtauchen einen Buckel sehen läßt – hier direkt hinter unserem Nachbarn!
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