Zwei Schritte vor und zwei zurück
Gut eine Tagesreise in südlicher Richtung von Vava‘u liegt die Inselgruppe Ha‘Apai, die ebenfalls zu Tonga gehört. Da sie „auf dem Weg“ liegt, wenn man nach Neuseeland möchte, beschließen wir diesen, ca. 80 sm großen Stepp schon mal zu wagen. Da wir dort nicht abends ankommen möchten – das Ankern ist dann in fremden Gewässern immer etwas abenteuerlich – beschließen wir über Nacht zu segeln.
Am späten Nachmittag des 1. Okt. 24 lupfen wir den Anker aus dem Wasser und machen uns um fünf Uhr nachmittags auf den (Wasser)Weg. Um die Vava‘U-Gruppe zu verlassen und offene See zu erreichen, müssen wir noch ca. zwei Stunden zwischen den vielen kleinen Inseln und Buchten Schlangenlinien segeln. Die Wettervorhersage verspricht 15 bis 20 kn halben Wind (also von der Seite) und moderate Wellen.
Aber erstens kommt‘s anders und zweitens als wir denken: Als wir den Schutz der kleinen, im Süden von Vava’U gelegenen Inseln verlassen, segeln wir hoch am Wind und die Wellen werden zunehmend ruppig. Nachdem sich die Sonne hinter dem Horizont verabschiedet hat, beschließt leider auch unser Autopilot, sich mal wieder zu verabschieden! Selbst ist der Steuermann heiß es nun, was die Sache nicht gerade komfortabler macht. Leider solidarisieren sich die Wellen in keiner Weise mit dem Autopiloten – stattdessen werden sie immer höher, ruppiger und zudringlicher. Eine dieser buckligen Gesellinnen explodiert mit lautem Getöse am Bug und ergießt sich dann in ihrer ganzen Pracht, rot und grün durch die Positionslampen illuminiert über Holly Golightly. Der Skipper bekommt so gratis eine salzige Premiumwäsche incl. anschließendem Glanztrocknen mit 30 - 35 kn Wind. Es reicht – so kann das nicht weiter gehen!!
Unter anderem die Aussicht, die kommenden 7 bis 8 Stunden von Hand steuern zu müssen, lassen bei ihm recht zügig einen Entschluss reifen: Bitte umkehren!! Klar zur Wende – nach drei Stunden und 20 sm zieht Mareike die gereffte Genua gekonnt auf die neue Leeseite und wir machen uns auf den Rückweg. Auf dem Gegenkurs haben wir nun den versprochenen halben Wind, allerdings üppige 40 kn davon, was uns aber immerhin bis auf 9 kn Speed beschleunigt. Nun heißt es bei völliger Dunkelheit wieder den Weg durch die vielen kleinen Inseln und Untiefen zu finden. Auf den GPS-Gott vertrauend und konzentriert Ausschau haltend, segeln wir einfach auf unserem "alten" Track wieder zurück. Alles geht gut und um ein Uhr nachts erreichen wir wohlbehalten unsere noch freie Mooringboje. Wir machen fest und fallen nach siebeneinhalb Stunden und 40 sm herausforderndem „Segelspaß“ kurze Zeit später in einen komatösen Erschöpfungsschlaf.
