Holly Golightly

#83
Pazifik

3 Seefahrer:innen, 33 Tage auf 33 Fuß – Teil 3

  • Reisegeschichten

PUNKT 3: Streckenplanung, Wetter, Raststätten, Tanken und Umleitungen

Bevor Vatti oder Mutti den Zündschlüssel rumdreht, wird natürlich in den Shell-Straßenatlas geschaut. Man will sich ja schließlich nicht verfahren! Schaut man sich dort die Route nach Französisch Polynesien an, dann sieht man nach tausend mal Umblättern vor allem eins: es ist verdammt weit! Dazu kommt, dass nur zwei Raststätten auf dem Weg liegen – Las Perlas und Galapagos. Da gäbe es also noch einiges zu verbessern in Sachen Infrastruktur! Vielleicht ein Ding für Herrn Musk? So 10 künstliche Inseln auf der Strecke mit schönen Duschen, Frittenbude und kleinem Shop dürften doch kein Problem sein!!! Ist aber nicht – man muss mit dem auskommen, was geboten wird! Somit steht die Route fest: Panama, Las Perlas, an Galapagos vorbei Richtung Marquesas. Grob gesehen 1000 sm nach unten und 3500 sm nach links – das kann doch nicht so schwer sein! Das Gute an der Route ist, dass Staus nahezu ausgeschlossen sind. Dafür gibts Strömung, Wind und Wellen – oder eben auch nicht.

Laut einer alten Seglerweisheit existieren übrigens drei Arten von Wind: zu wenig, zu viel und Wind aus der falschen Richtung.
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Halbwegs ok oder gar kein Wind – finde den optimalen Weg.

In der Bucht von Panama sind diese Windarten besonders oft anzutreffen – dazu kommt noch der „reinlaufende“ Humbold-Strom aus Süden, der es zusätzlich schwer macht nach Südwesten zu kommen. Wir vertrauen daher ab den Las Perlas-Inseln auf ein professionelles Wetterrouting eines deutschen Anbieters. Dieses führt uns wie erwartet nach WSW und dann, etwas überraschend, mitten durch das Galapagos-Archipel. Schon Tag 2 bietet Wind ohne Ende und wir surfen mit bis zu 12 kn die hohen Wellen hinunter. 178 sm schaffen wir an diesem Tag – ein neuer Rekord!

Die „Galapagos-Durchfahrt“ wäre natürlich die Gelegenheit sich diese wunderschöne Inselwelt etwas genauer anzuschauen. Leider sind aber die daran geknüpften Bedingungen so kompliziert (Rumpfreinigung, hohe Gebühren, Anmeldung), dass die meisten Segler die Inseln rechts oder links liegen lassen. Das ist auch unser Plan. Da wir aber ab Tag drei ganze fünf Tage zu wenig Wind haben und somit schon die Hälfte unseres knappen Dieselvorrats verheizt haben, fassen wir den spontanen Entschluss, die Raststätte Galapagos doch zum Tanken anzulaufen. Hier noch mal ein großes Dankeschön an unsere Onshore-Teams, die fleißig recherchiert haben, ob das überhaupt zulässig ist. Es ist dann gar nicht so schwer, nur etwas teuer. 100 $ für den Agenten ohne den es wohl nicht geht, 100 $ für den Hafenkapitän ohne den es anscheinend schon geht (wir bekommen ihn nie zu Gesicht) und ein paar Dollar für den Diesel, der immerhin frei-Boot geliefert wird. Eine Quittung bekommen wir übrigens auch nicht zu Gesicht ;-) An Land dürfen wir nicht und nach spätestens 12 Stunden müssen wir auch wieder ablegen.









Neben uns parkt eine alte Schönheit, über die wir in einem der nächsten Blogbeiträge mehr verraten
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„Grace“ neben „Holly Golightly“ auf der Raststätte „Galapagos“

Etwas früher drehen wir dann den Zündschlüssel wieder auf „Start“ und lenken Holly Golightly frohgemut auf den Beschleunigungsstreifen. Immerhin schon ca. 1000 sm sind geschafft!

Ab nun gilt es langsam bis auf 10,5 Grad „Süd zu machen“, um in die stabilen Passatwinde zu kommen und nicht an Fatu-Hiva vorbei zu segeln. Unser neues eingekauftes Wetterrouting schlägt uns nun einen recht drastischen Südkurs vor, den wir aber nur am Wind, gegen drei Meter Welle realisieren könnten. Dazu ist der Startpunkt der Route schon ca. 30 sm südlich unserer Position. Da wir keine Regatta gewinnen und weder Boot noch Crew hinrichten wollen, entscheidet sich der Skipper für einen gemäßigten Kurs West/Südwest. Ein weiterer Vorteil der Route: Wir bleiben längere Zeit in dem Bereich der starken äquatorialen Strömung, die uns merklich nach Westen schiebt. Der alles entscheidende Faktor auf den kommenden Seemeilen wird nämlich die Innertropische Konvergenzzone (IKZ) sein. Diese Leichtwindzone, die sich entlang des Äquators erstreckt, wabert Anfang des Jahres noch recht unentschlossen herum. Es gilt ihr nicht zu nahe zu kommen, trotzdem aber möglichst weit im Norden zu bleiben (0 - 5 Grad Süd), um die starke äquatoriale Strömung, die mit bis zu 3,5 kn nach Westen setzt, zu nutzen. Irgendwann später müssen wir dann den Blinker setzten und weiter nach Süden abbiegen, um unser Ziel zu erreichen.

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Gigantischer Strömungskanal: Der Pazifik

Die kommenden neun Tage kämpfen wir uns also peu à peu nach Südwesten vor – Kästchen für Kästchen, wie man auf der Onlinekarte schön sehen kann. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung, da Wind und Wellen recht extrovertiert sind. An Tag 16 und 17 müssen wir aufgrund der ruppigen Wegstrecke sogar eine Umleitung fahren: Wir laufen nachts leicht nach Norden vor den hohen Wellen ab – ansonsten ist Schlafen unmöglich! Das drückt ein wenig auf die Stimmung, da wir so dem Ziel nur bedingt näher kommen.

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Erst kommen sie von schräg hinten …
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… dann rauschen sie unter uns durch – auf Dauer kein wirklicher Spaß!

Ab Tag 18 wird dann alles besser, die Reisegruppe Rimini atmet auf. Entspannt segelnd kommen wir nun, von einzelnen Regengüssen und Gewittern am Horizont abgesehen, dem ersehnten Ziel näher.

Die letzten zwei bis drei Tage kreuzen wir mit unserem Parasailor vor dem leichten Wind, da wir zur Sicherheit die 10,5 Grad Süd schon etwas früher erreicht haben. An Tag 33 erreichen wir dann endlich die südlichste Insel der Marquesas, Fatu-Hiva bei besten Bedingungen und sind mit unserer selbst gemachten Route alles in allem recht zufrieden. Bekannte von uns hatten für die gleiche Route immerhin 41 Tage gebraucht.

Das professionelle Routing haben wir übrigens für die letzten 3000 sm nicht mehr in Anspruch genommen. Im Nachhinein war es leider auch keine große Hilfe.

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Unser Joker für wenig Wind …
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… der Parasailor
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Boot

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Crew

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