Manchmal ist die schnellste Verbindung zwischen zwei Punkten doch keine Gerade. Diese Feststellung ist für Segler nichts Neues aber trotzdem ab und an herausfordernd. So bei unserer Routenplanung für die rund 1200 sm (ca. 2400 km) von Maupiti nach Tonga. In unserem temporären Maupiti-Yacht-Dorf wird wild diskutiert, welche Route Richtung Westen denn nun die Richtige ist wenn wir wieder aus der Bucht heraus können.

Variante A: Der „südlich Kurs“ mit Zwischenstopp in Aitutaki und dann fast geradeaus nach Tonga. "Länge" laut Routenplaner: Zehn Tage und sieben Stunden.

Oder B (s. u.): Eine große Kurve Richtung Nordwest und mit Zwischenstopp in Suwarow. Anschließend gehts dann wieder Kurs Südwest Richtung Tonga. Das wiederum soll zehn Tage und fünfzehn Stunden dauern. Der Unterschied zwischen den Routen ist also nicht dramatisch.

(BLAU = laues Lüftchen, ROT = starker Wind)

Fest steht, dass sich aus Osten ein starkes Windfeld nähert, dem wir auf der Nordroute davonsegeln müssen und direkt im Westen wiederum große Flautenlöcher lauern in denen wir auf der Südroute stecken bleiben könnten, da wir für tagelanges Motoren nicht genug Diesel mitnehmen können.

Nachdem wir mit gefühlt 10 Crews 20 Argumente durchgekaut haben, steht der Skipper kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Mitten in der Nacht, nach dem x-ten Reset des Skipper-Brains, fällt dann die Entscheidung für die längere aber windreichere Nordroute, die um die großen Flautenlöcher herumführen soll. Außerdem segeln wir so dem Starkwindfeld davon – wenn wir schnell genug sind!

Am nächsten Morgen herrscht dann große Aufbruchstimmung in der Bucht. Auf allen Yachten wird emsig geräumt und "klar Schiff" gemacht. Nach 14 Tagen „Gefangenschaft“ ist der Pass endlich wieder passierbar und wir wittern die große Freiheit auf See. Aufgeregt ziehen wir den Anker aus dem schon heimischen Sandboden und tuckern langsam wie vor 14 Tagen hinter der größeren Lady Jane Richtung Pass. Nachdem unsere Freunde wild schaukelnd „durch sind“ folgen wir wieder mutig und unser zuverlässiger Volvo-Diesel gibt alles. Ausgerechnet jetzt kommt auch die Fähre von Bora-Bora mal wieder angedampft und will ebenfalls durch den Pass, der für zwei Schiffe jedoch etwas schmal ist. Da wir nicht mehr umkehren können, wartet die Fähre ganz freundlich vor dem Pass und läßt uns die Vorfahrt – danke! Zwei Minuten später ist es geschafft, wir sind wieder auf der offenen See! Im Lee von Maupiti setzen wir die Segel und gehen auf Nordwest-Kurs. Tonga wir kommen!

Es folgen zehn recht abwechslungsreiche Tage:

Mal wenig bis zu wenig Wind, mal viel Wind aber nie zu viel. Mal schöne Wellen, mal lange Wellen und leider auch sehr konfuse Wellen. Das Ganze garniert mit schönen Sonnenauf- und -untergängen und hin und wieder leider auch etwas Regen.

An Tag Eins plagen uns direkt zum Einstand die konfusen Wellen, so dass Mareike leider seekrank wird. Später ist die See dann gnädig und hält sich mit ungenießbarem Wellensalat weitgehend zurück.

Nach drei Tagen streichen wir Suwarrow als Zwischenstopp, da das große Flautenfeld sich nicht so weit wie befürchtet nach Norden ausdehnt und gehen so auf direkten Kurs nach Tonga. Dem heranrückenden Starkwind sind wir erfolgreich davongesegelt :-)

In der vierten Nacht kreuzen mystisch leuchtende Objekte unter Wasser (Quallen, Außerirdische, irgend was von Elon Musk?) unseren Weg. Tagsüber besucht uns ein hübscher Tropic Bird.

Am 5. Tag sehen wir die Yacht „Coconut“ am Horizont und funken kurz mit dem Skipper. Es ist doch immer wieder nett, nicht so ganz alleine auf der weiten See zu sein!

An Tag Neun überholt uns die 42 Fuß große „Serenity“, die in Maupity neben uns lag und ebenfalls Kurs Tonga segelt.

Am selben Tag entscheiden wir uns aber in Niue, das quasi am Wegesrand liegt, einen Zwischenstopp einzulegen. Grund: Vor Tonga braut sich in Sachen Wetter was zusammen, das dem Skipper enormes Unbehagen bereitet.

Via Iridium „funken“ wir daher die Lady Jane an, die uns netter Weise via StarLink eine Mooring vor dem winzigen Inselstaat Niue reserviert.

In der kommende Nacht besucht uns spontan ein hübscher, langer, sehr dünner, blau schimmernder Fisch im Cockpit. Olfaktorisch weiß der Geselle jedoch nicht recht zu überzeugen – also setzen wir ihn wieder schwungvoll vor die nasse Tür. Hollys Cockpit beglückt uns ab jetzt leider mit der typischen Geruchsnote eines alten Fischkutters.

Am Abend des zehnten Tages erreichen wir Niue, finden sofort die reservierte Boje und sind heilfroh dort zu sein, da im Westen schon einige spektakuläre Gewitter auf See zu sehen sind. Und nur eine Minute nachdem Mareike die Leinen an der dicken orangen Mooring-Boje befestigt hat, fängt es heftig an zu regnen und hört nie wieder auf :-)

Später erfahren wir, dass die Yachten, die weiter Richtung Tonga gesegelt sind, bis zu 45 kn Wind hatten und als Zugabe einige Hagelschauer genießen durften! So sind wir heilfroh, dass wir uns für einen Zwischenstopp entschieden haben.