Holly Golightly

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#87
Pazifik

3 Seefahrer:innen, 33 Tage auf 33 Fuß – Teil 6

  • Reisegeschichten

MAGISCHE MOMENTE – die Highlights am Streckenrand

Die Kindheit des Skippers wurde vor allem von einer sehr trockenen Route bestimmt, die damals noch mit Hilfe eines 200er Mercedes-Diesel bewältigt wurde: es ging nie nach Rimini aber regelmäßig vom Rheinland zur Belgischen Küste – gerne auch mehrmals im Jahr. Diese für den sehr jungen Skipper und seine mitreisende Lego-Flotte gefühlt doch recht lange Reise (420 km), wurde immer von den selben Highlights begleitet. Einen gewisse Konstanz hat ja auch seinen Reiz!

Das erste Highlight war stets eine magische Wolkenfabrik unmittelbar an der A4 bei Weisweiler gelegen. Gigantische weiße Kumuluswolken quellen hier aus dicken, seltsam geformten Türmen. Dass Wolken von Menschen produziert werden, mutet schon recht seltsam an – aber wenn die Eltern dies behaupten, muss es doch einfach stimmen!! Highlight Nummer zwei war immer die Deutsch/Belgische Grenze. Dort fuhr man nicht einfach, wie heute üblich, über eine grüne Grenze, sondern es wurde noch streng kontrolliert, wer denn da in das Land der goldgelben Pommes einreisen möchte. Ein schöner Moment war dann stets die Sichtung des Atomiums im Zentrum von Brüssel, das bei gutem Wetter von der Autobahn aus zu sehen war. Geradezu ein wenig magisch wurde es abends, wenn die komplette Belgische Autobahn mit hellem gelbem Licht geflutet wurde - das war weltweit einzigartig, krass modern und neben der chinesischen Mauer das einzige Bauwerk, das vom Mond aus mit bloßem Auge zu sehen war! So gut beleuchtet gings dann bis zur schönen Nordsee, die mit ihrer salzigen Luft, den tollen Dünen und dem riesigen Sandstrand immer das absolute Highlight am Ende der Reise war.

Der Schwindel mit der Wolkenfabrik, die in Wirklichkeit das Kohlekraftwerk Weisweiler ist, flog natürlich irgendwann auf, die Grenze wurde “grün“ und die durchgängige Autobahnbeleuchtung erlosch aus Energiespargründen für immer. Es wurde also Zeit für neue Routen mit neuen tollen Momenten!

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Hier mal eine echte Wolkenfabrik – viel schöner als die Fälschung!

4000 sm von Panama zu den Maquesas entspricht ungefähr 20 mal der oben beschriebenen Route – viel Raum für neue Higlights und einzigartige Momente!

Kurz nach dem Start von den Islas Rosarios, die direkt vor Panama-City liegen, geht´s auch schon los. Hunderte von Pelikanen stürzen sich nur wenig entfernt von uns unablässig in den blauen Pazifik, um einen wohl gewaltigen Fischschwarm etwas zu reduzieren – ein tolles Spektakel! Nur wenige Seemeilen weiter kommen uns 10 - 15 Wale entgegen. Ob die wohl auch zu dem opulenten Mahl anreisen? So haben wir schon am ersten Tag zwei schöne Erlebnisse und gehen frohgemut auf die lange Reise.

In der Nacht auf den dritten Tag auf See gibt der Wind alles. 35 kn Wind von hinten und 3 bis 4 m hohe aber leider etwas kurze Wellen lassen uns laut GPS mit bis zu 12 kn die Wellen herunterrauschen – für den Skipper ein berauschendes Erlebnis. Für Genaro leider nicht – Seekrankheit macht ihm zu schaffen. Wir segeln 178 sm in 24 Stunden! Das Spektakel währt Gott sei Dank nur ca 24 Stunden, dann geht dem Wind die Puste aus und er macht schlapp.

Die Sichtung großer Wale ist immer wieder ein schöner Moment – alle freuen sich genießen den Augenblick. Am 4. Tag sichten wir eine Schule Grindwale, die neugierig ihren Kurs ändern, um dann eine Weile parallel zu uns zu schwimmen. Ein toller Anblick wie diese glänzend, schwarzen Wesen, laut ein- und ausatmend neben uns durchs Wasser gleiten. Zwei sehr große Delfine, die wohl irgendwie Freunde der Familie Grindwal sind, schwimmen dazu um unseren Bug und haben offensichtlich Spaß dabei!

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Grindwalbegleitung backbord
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Grindwalbegleitung steuerbord

Sieben Tölpel an Tag sieben! Sehr zu unserer Erheiterung tragen die vielen Tölpel bei, die uns regelmäßig umkreisen. Sie scheinen sehr erpicht darauf zu sein, bei uns eine Übernachtung zu buchen. Besonders beliebt ist der weit abstehende Spinakerbaum, auf dem sich von Tag zu Tag immer mehr der lustigen Gesellen über Nacht einfinden. Besonders amüsant sind die gewagten Landemanöver, die oft erst nach dem dritten oder vierten Anlauf gelingen. Geht das Manöver schief, landen sie im Meer und treiben leicht blamiert an Holly vorbei, um dann kurze Zeit später den nächsten Anlauf zu wagen. Am siebten Tag zählen wir tatsächlich sieben Übernachtungsgäste. Einer davon ist effektvoll grün und rot iluminiert, weil er direkt vor unserer Positionslampe sitzt. Besucher Nummer acht mussten wir leider mit Hilfe des Bootshakens gegen seinen massiven Wiederstand wieder ausquartieren, da er auf der Saling sitzend Holly völlig zugeschissen hätte.

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Tölpel-Hotel Holly – immer wieder gern angeflogen!

Ein Highlight für die ganze Crew ist an Tag acht die Überquerung des Äquators. Ein toller Moment den wir mit der üblichen Äquatortaufe begehen. Franz macht sich zum Narren bzw. zum Neptun und anschließend trauen sich Genaro und Franz bei völliger Flaute in das tiefe Blau, um nach dem nullten Breitengrad zu suchen. Mareike hält die Stellung, denn man weiß ja nie!

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Neptuns Wannenbad
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Ein Prösterchen auf den Äquator
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Bin ich schön????
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Das süße Null-Grad-Buffet

„Land in Sicht“ – alle, die schon mal eine längere Seereise gemacht haben wissen wie bezaubernd dieser Moment jeweils ist. Auch wir genießen nach neun Tagen den Anblick der Galappagos-Inseln am Horizont – auch wenn wir dort nur einen kurzen Zwischenstopp einlegen.

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Galapagos wir kommen

Hier ankern wir neben einer großen, wunderschönen alten Motoryacht Namens „Grace“. Auf dieser mondänen Yacht verbrachten Grace Kelly und Fürst Rainier III von Monaco 1956 ihren Honeymoon. Damals gehörte die Yacht dem griechischen Reder Onassis. Heute kann man auf ihr kleine aber luxuriöse Kreuzfahrten durch die Inselwelt von Galapagos unternehmen.

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Alte Schönheit – die „Grace“
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Wir segeln in die Nacht

Einen ganz besonderen Reiz haben die Nächte auf dem Pazifik. Eingeleitet wird die dunkle Zeit immer von teils dramatischen Sonnenuntergängen. Aufgrund der Nähe zum Äquator versinkt die Sonne ganz eilig im Pazifik und die Dämmerung ist nur von kurzer Dauer. Ob es dann black, dark grey, grey oder nur light grey wird, machen der Wettergott und La Luna unter sich aus. Versteckt sich La Luna hinter dem Erdschatten während der Wettergott dicke Wolken sendet, ist es stockfinster und wir sehen rein gar nichts vor Hollys Bug. Verlassen die Wolken ihre große Bühne, entfaltet sich ein grandioser Sternenhimmel, der fast so hell strahlt wie der Mond. Der Unterschied zur Nordhalbkugel ist beindruckend. Während man dort aus dem Spiralnebel unserer Heimatgalaxie herausschaut und nur den „Rest“ der Milchstraße bewundern kann, blickt man hier im Süden in die Galaxie hinein. Das Bild, das sich am Himmel bietet, ist atemberaubend. Man hat den Eindruck dicke, strahlende Wolken aus hell leuchtendem Sternenstaub zu sehen. Hört man dazu schöne Musik, bekommen die Nächte was Magisches – was durchaus süchtig machen kann! Die folgende Strophe aus einem Gemeindelied, entdeckt in dem Roman „Der Wal und das Ende der Welt“ passt ebenfalls ganz prima zu solchen Segelnächten:

Blick ich empor zu jenen lichten Welten
und seh der Sterne unzählbare Schar,
wie Sonn und Mond im lichten Äther zelten,
gleich goldnen Schiffen hehr und wunderbar

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Der südliche Sternenhimmel – Foto von Graham Holtshausen auf Unsplash
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Orion zeigt uns den Weg
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Der Mond scheint so helle

Sobald La Luna wieder mitspielt wird´s heller und heller und heller. Strahlt sie zu 100%, sieht man fast so gut wie am Tag – was wiederum ganz entspannend ist. Sind Wind und Wellen uns gut gesonnen, dann werden die Nächte recht „gemütlich“ und Holly Golightly gleitet wie auf Schienen durch den „stillen Ozean“.

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Disco 2024 - Die Neonwelle am Bug

Sobald La Luna wieder mitspielt wird´s heller und heller und heller. Strahlt sie zu 100%, sieht man fast so gut wie am Tag – was wiederum ganz entspannend ist. Sind Wind und Wellen uns gut gesonnen, dann werden die Nächte recht „gemütlich“ und Holly Golightly gleitet wie auf Schienen durch den „stillen Ozean“.

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Mareikes morgendliche Kaffeestunde

So schön und besonders die Nächte auch meistens sind, Mareike liebt es wenn die Sonne aufgeht. Sie freut sich jeden Morgen darauf, mit ihrem frischen Kaffee den neuen Tag zu begrüßen, während die Männerwelt noch im Tiefschlaf verweilt.

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Die blaue Stunde mit den letzten Sternen
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Und da ist sie wieder :-)

Nach 33 Tagen seit Panama heißt es dann wieder „Land in Sicht“ – diesmal noch ersehnter und viel emotionaler als vor Galapagos. Fatu-Hiva erhebt sich wild, einer Kathedtale aus Stein gleich aus dem unendlichen Pazifik. Hollys Besatzung ist tief ergriffen und unglaublich glücklich, diese riesige Distanz ohne große Probleme geschafft zu haben. Mareike hisst stolz die Fahnen von Französisch Polynesien und den Marquesas bevor wir in die Ankerbucht einlaufen, die definitiv zu den schönsten der Welt gehört. Hier werden wir freudig und mit lautem Getöse von Saskia und Kyle, von der „forty-two“ begrüßt, was wiederum ein sehr erhebendes Gefühl ist und für uns unvergesslich bleiben wird!

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Flagge zeigen!
Geschafft! 4000 sm am Stück liegen hinter uns
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