Holly Golightly

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#90
Tahuata/Nuku Hiva

Manta, Manta und die „Road to nowhere“

  • Reisegeschichten

Nur 7 Seemeilen von Hiva-Oa entfernt, wartet die Nachbarinsel Tahuata auf unseren Besuch. Dort ankern wir – zusammen mit der „Moana“ – in der traumhaften Bucht Hanamoenoa auf klarem Wasser, vor einem weißen Sandstrand und ziemlich vielen Palmen. Das Planziel „Südseeparadies“ wird hier definitiv übererfüllt! Nach der etwas herausfordernden Ankersituation in Hiva-Oa ist hier alles sehr entspannt. Das absolute Highlight ist es, hier zu schnorcheln. Zusammen mit Verena & Tim machen wir die Bekanntschaft einiger großer Mantas. Diese wunderschönen Wesen aus einer anderen Galaxie, kommen uns unter Wasser scheinbar entgegen geflogen. Wir haben sogar das Gefühl, das sie ein wenig neugierig sind und unsere Gesellschaft suchen. Ein Manta „dreht“ direkt vor uns einen spektakulären Looping und zeigt uns seine leuchtend weiße Unterseite, die ein wenig einem großen Gesicht ähnelt. Es ist wirklich wunderbar, diese elegant dahingleitenden Wesen zu beobachten. In den Wellen am Strand tummeln sich zudem ganz junge und noch niedliche Riffhaie. Etwas weiter draußen ziehen die Riffhai-Eltern ihre Bahnen. Ein Elternteil kommt Franz direkt entgegen, schaut ein bisschen kritisch und schwimmt dann seines Weges. Auch die Haie sind, was Eleganz und Anmut angeht kaum zu toppen – bezüglich des schnorchelnden Skippers, hat der Hai aber bestimmt eine etwas andere Meinung!

An dem schönen weißen Sandstrand unternehmen wir einige kleine Spaziergänge – mehr geht nicht, da Mareikes geschundener Zeh noch Ruhe braucht. Aber Baden mit dem süßen Hai-Nachwuchs ist auch nicht schlecht – ein bisschen wie im Kindergarten ;-)

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Hanamoenoa – Berge, Palmen, Sand, Riffhaie und Mantas (v. o. n. u. :-)

Nach ein paar wunderschönen Tagen in der Bucht wird unser immer wieder erfreulich ortsverbundener Bügel-Anker aus seinem Element gezerrt und Holly Golightly macht sich auf den Weg nach Nuku Hiva, der größten Insel der Marquesas. Drei Viertel der 85 Seemeilen schiebt uns der Wind perfekt durch die Wellen, auf den restlichen Seemeilen  muss unser kleiner Schiffsdiesel Beistand leisten. Wir ankern in der sehr weiträumigen Bucht von Taiohae vor der gleichnamigen Ortschaft. Die Bucht ist ein ehemaliger Vulkanschlot, dessen Kraterwände eine beeindruckende Kulisse bilden.

Laut Wikipedia wird die Bucht gerne von Weltumseglern genutzt. Dementsprechend voll ist es hier. Aber schon beim zweiten Ankerversuch finden wir ein geeignetes Plätzchen mit ausreichend Abstand zu dem Rest des fahrenden Volkes :-)

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Die Bucht von Taiohae – hier trifft sich das Segelvolk aus aller Welt
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Tatoos sind ein fester Bestandteil der jahrhundertalten Kultur und völlig selbstverständlich.
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Am Sonntagmorgen steht ganz klassisch „Kirchenbesuch“ auf dem Programm. Die „Cathédrale Notre-Dame de Taiohae“, erbaut aus verschiedenfarbigen Steinen von sechs Marquesas-Inseln bildet das Zentrum des Ortes und ist eine echte Schönheit. Weit und offen lädt sie schon optisch dazu ein, in ihr eine Weile Einkehr zu suchen. Was uns anlockt, ist das Gerücht, dass die polynesischen Gottesdienste eine besonders gesangsreiche Zusammenkunft sein sollen. Reich an Farben ist sie allemal – das heranströmende Volk ist farbenprächtig gekleidet und sogar die Männer haben oft Blumen im Haar! Der Gottesdienst wird zweisprachig abgehalten, in französisch und polynesisch. Der entsprechende Text zum Mitsingen wird per Beamer an die Wand projiziert. Die Veranstaltung als solche ist typisch katholisch und unterscheidet sich im Ablauf nicht so sehr von Gottesdiensten, die man aus Deutschland kennt. Der Unterschied ist eben, dass viel mehr und mit Begeisterung gesungen und auch musiziert wird. Zu einem Zeitpunkt nehmen sich alle an die Hand, umarmen sich viele und man wünscht sich gegenseitig …. – berührend und sehr herzlich im Umgang miteinander. Nach dem Gottesdienst werden vor dem Haus Gottes noch Getränke und kleine Snacks verkauft – so hat die bunte Gemeinde noch die Gelegenheit das ein oder andere Nach-Gottesdienst-Schwätzchen zu halten.

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Cathédrale Notre-Dame de Taiohae
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Auf geht's – die Gemeinde beim Kirchgang

Was auf den polynesischen Inseln auffällt ist die überaus bunte Gesellschaft – und zwar nicht nur in Bezug auf Kleidung sondern auch was die Geschlechterrollen angeht. Frauen, die sehr männlich auftreten oder Männer in weiblichen Outfits, sowie sehr androgyne Mitmenschen gehören hier wie selbstverständlich dazu und keiner scheint damit das kleinste Problem zu haben, was wir außerordentlich sympathisch finden. Auch fühlt man sich jederzeit sehr willkommen und wird von fast allen Insulanern immer freundlich gegrüßt. Sogar aus den Autos wird einem von wildfremden Menschen freundlich zugewunken.

Wie einfach, herzlich und unkompliziert das Zusammenleben doch sein kann!

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Notre-Dame von innen

Sehr auffällig in der großräumigen Bucht ist der riesige Tikki, der über dem Hafen auf einer Anhöhe übers Meer schaut. Es ist der größte seiner Art in ganz Polynesien und wurde erst …. von lokalen Künstlern erschaffen. Sehr auffällig ist die Kombination von zwei grundsätzlich verschiedenen Figuren. Ein in seiner Anmutung eher klassischer Tikki wird durch eine Figur ergänzt, die ein wenig ausschaut, als wäre sie einem Comic entsprungen. Alles in allem eine beeindruckende Skulptur mit einer hübschen kleinen Parkanlage rundherum von der man auch einen tollen Ausblick auf die Bucht hat.

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Die größte Tikki-Skulptur Polynesiens

Auch auf Nuku Hiva gönnen wir uns einen Mietwagen – diesmal zusammen mit Verena und Tim, die mittlerweile auch in der Bucht ankern. Statt eines kleinen Jeeps gibt's diesmal einen dicken Toyota-Pickup, natürlich mit Allradantrieb. Diese Toyotas sind hier übrigens das „Standardauto“. Ca. 90% der Fahrzeuge sind Toyota-Pickups. Der Rest irgendwas von Renault und einige in Ehren ergraute LandRover-Defender. Andere Marken sind quasi nicht existent. So cruisen wir also in einem Vehikel, für das wir uns zu Hause ein wenig schämen würden, über die bergige Insel. Später werden wir uns noch über die robuste Bauart und den Allradantrieb freuen … Es geht bergan und bergab durch die wild zerklüftete, bergige Landschaft. Auf den Inseln der Marquesas existieren auf kleinstem Raum mehrere Klimazonen. Weiter oben wird Regen- und Nebelwald geboten, in Meereshöhe tropisches Klima. Es ist verblüffend wie schnell die Vegetation sich ändert. Auf dem Hochplateau der Insel gibt es ausgedehnte Weiden auf denen Rinder und Pferde zusammen vor sich hin grasen. Aber auch außerhalb der Weiden treffen wir immer wieder Herden von freilaufenden Ziegen oder Pferden an, die dann lustig vor uns her traben oder auch mal kurz die ganze Straße blockieren.

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Steht ein Pferd auf'm Flur, äh Weg

Die Straßenführung ist teils sehr abenteuerlich, was besonders Mareikes Adrenalinspiegel stark ansteigen läßt. Die Abhänge, Schluchten und Kurven sind schon sehr spannend. Auch was so an Gesteinsbrocken auf der Fahrbahn liegt, läßt staunen. In dem kleinen Küstenort Hatiheu nehmen wir einen Snack, um dann dem Wegweiser „Flughafen 24“ zu folgen. Nach nur 10 Minuten verwandelt sich der „Flughafenzubringer“ in einen Feldweg, um sich wenige Kilometer weiter in eine Piste zu wandeln, die nur noch den Speed eines Segelbootes zuläßt. Mit geschätzt 5 km gehts über sehr kurze Stein- und Geröllwellen weiter. Nach ca. 45 Minuten Geholper sind wir erst zwei bis drei Kilometer voran gekommen. Als die „Straße“ noch abenteuerlicher wird, beschließen wir ein 180° Wende und freuen uns über den überaus geländegängigen Toyota. Mit einem SUV wären wir schon x-mal hängen geblieben und müssten vermutlich hier übernachten! Und Gott sei Dank haben wir den Dom dabei – der steht hinter der Windschutzscheibe und wacht über den richtigen Weg! Dank unseres Piloten Tim, dem Toyota und dem Spirit des Doms finden wir den Weg zurück und verstehen nun auch was der Wegweiser uns sagen wollte: Nicht 24 km sondern 24 Stunden bis zum Flughafen!

Auf der betonierten Alternativroute erreichen wir den Airport dann in einer knappen halben Stunde und entdecken sogar noch die Stelle, wo die Abenteuerpiste wieder auf die normale Straße getroffen wäre. Dort mit dem Wegweiser „Hatiheu 24“! Der Airport selber liegt völlig verlassen da. Heute war eindeutig der Weg das Ziel!

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Road to nowhere oder Dom op Jück
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Regen- und Nebelwald, dazwischen ein Wasserfall
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Baum XXXL
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Stimmung und Aussicht XXXL

Am kommenden Tag schüttet es wie aus Kübeln. Wir sind froh, nicht an diesem Tag auf Tour zu sein. Vermutlich verwandeln sich einige der Straßen dann in Bachläufe oder Schlammseen. Die bis zu 800 m hohe Kraterkulisse bietet Dank des Regens innerhalb kürzester Zeit eine überraschende Menge an riesigen Wasserfällen, die in den Talkessel stürzen. Ein toller Anblick!

Leider verwandelt sich auch die sonst eher ruhige Ankerbucht aufgrund einer anderen Windrichtung, welche hohe Wellen in die Bucht drückt, in ein ungemütliches Auf und Ab, das alle Schiffe schlimmer als auf hoher See rollen läßt. Das sonst klare Wasser ist nun schlammbraun und allerlei großes und kleines Gehölz treibt durch die Bucht. Als unwillkommene Zugabe macht sich auch in Holly durch das Geschaukel allerlei Großes und Kleines selbstständig und man kommt sich vor wie in einem Segelsimulator, der auf „mächtig Rollen“ eingestellt wurde!

Notgedrungen beschließen wir eine Bucht weiter zu reisen. Diese soll sehr geschützt und auch sonst ausgesprochen schön sein.

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Dann mach ich mir ne Blume ins Haar und find das wunderbar

Tags drauf ankern wir in der „Anse Hakatea“ auch „Daniel's Bay“ genannt, was die Einheimischen aber gar nicht gerne hören.

Der Törn dorthin gestaltet sich ein bisschen aufregend, da man die Einfahrt lange Zeit nicht erkennen kann und man immer wieder ein wenig Angst hat, dass die Seekarte nicht korrekt ist. Ganz nah dran tut sich aber die Lücke auf und wir schlüpfen hinein. Und wie sollte es auch anders sein, auch diese Bucht ist die Wucht :-) Da sie recht klein ist, liegen hier meist nur ein paar Yachten. Es gibt einen schönen Sandstrand und um die Ecke eine Ansiedlung bestehend aus einigen Häusern. Hier treffen wir auch wieder auf Jaqueline mit ihrer „Loveworx“, einer 28 Fuß großen Grinde aus den Niederlanden. Jaqueline segelt „einhand“, was auf kein physisches Defizit hindeutet, sondern unter Seglern bedeutet, dass jemand alleine segelt. Kurze Zeit später stößt auch wieder die „Moana“ dazu, was uns sehr freut.

In der kleinen Ansiedlung „um die Ecke“ kann man bei einer einheimischen Familie ein Essen buchen. Dazu entschließen wir uns und Alex von der „No Stress“ bucht für sieben Personen ein Fischgericht.

Der Weg dorthin gleicht einem Kapitel „Indiana Jones“. – allerdings in der „Light-Version“. Erst müssen wir mit dem Dinghi an den Strand, dann gehts über ein paar Felsen, die auf dem Rückweg prompt unter Wasser stehen. Darauf folgt ein schmaler Pfad durch den Wald gefolgt von einer Flußdurchquerung, die von einigen großen Aalen bewohnt wird, welche man recht deutlich im Wasser erkennen kann. Auf den letzten hundert Metern kurven wir um faustgroße Löcher im sandigen Boden in denen erschreckend groooße Krabben auf ihre Gelegenheit warten. Aber alles geht gut :-)

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Der Weg zum „Restaurant“
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„Cross river“ statt „Drive in“

Das kleine Anwesen unserer Gastgeber ist bezaubernd und gleicht einem Garten Eden. Alles steht voller Bäume und Sträucher mit köstlichen Früchten. Nicht weit weg ist der Strand mit einer kleinen Lagune und rundum Palmen und Bergen. Alex,Verena und Tim, Jaqueline und wir sitzen an einer kleinen Tafel und genießen das etwas übersichtliche (um mit Loriot zu sprechen) aber überaus leckere Essen. Der Thunfisch ist köstlich und von dem leckeren Rest hätte es gern etwas mehr sein dürfen.

Der „Verdauungsrückweg“ gestaltet sich noch etwas feuchter als der Hinweg, da der Wasserstand in dem kleinen Fluß deutlich auf hüfttief angestiegen ist.

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Moana, No Stress, Loveworkx und Holly Golightly
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Lecker wars – wenn auch etwas übersichtlich!
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Garten Eden mit …
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… eigener Lagune nebenan

Einen Tag später am 7. Mai machen wir uns auf den Weg nach Ua Pou, einer kleinen Nachbarinsel „um die Ecke“.

Titelbild von Constança Rodrigues auf Unsplash

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